Pädagogisches

 

Schüler setzen

Als Lehrer habe ich mit meinen Klassen viele Bücher gedruckt. Der Aufbau und die Nutzung einer (Freinet) – Klassendruckerei (seit 1989/90) ergab eine Umgestaltung unseres Klassenraumes und eine veränderte Unterrichtsorganisation.
Eine Zielsetzung dabei wurde das Verbinden von praktischem Tun und theoretischem Lernen mit einem konkreten vorzeigbaren oder anwendbaren Produkt am Ende: Bei der Textproduktion ist das Schreiben, Korrigieren und Besprechen geeigneter Schülertexte ebenso Unterrichtsgegenstand, wie Setzen (Textgestaltung), Drucken (handwerkliches Tun), grafische Gestaltung (Linoldruck) und Präsentation des Textes (öffentliche Darstellung).

Nach meinem Ausscheiden aus dem aktiven Schuldienst kann ich mir vorstellen, dass ein entsprechendes Angebot für Kinder und Jugendliche und die einen oder anderen Erwachsenen auch außerhalb der Schule attraktiv sein könnte.
Natürlich kann es ebenso für KollegInnen der Schulen der Umgebung interessant sein, im Rahmen des Sachkunde-, Kunst- oder Geschichtsunterrichts ihre Grundschul- oder Sekundarstufenklassen mit einem entsprechenden fachübergreifenden Projekt zu befassen.
Auf dieser Basis und darüber hinaus ergeben sich Inhalte meiner Angebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene seit Januar 2016.:
Solche Workshops können in meiner Lernwerkstatt in Worms besucht werden.

Vom Sinn und Wert der Arbeit in einer Druckwerkstatt

Druckerei motiviert

Nach mehrjähriger praktischer Erfahrung in der Schule mit dem Einsatz von Schreibmaschinen und Druckereien in einem handlungsorientierten, fächerübergreifenden Unterricht weiß ich, dass die Druckerei motiviert. 

Setz – und Druckmaterialien setzen starke Handlungsimpulse

Von den Materialien geht ein starker Handlungsimpuls aus. Sie wirken durch ihre Eigenart und die Anforderungen an ihr Handhabung im besten Sinne erzieherisch. Die personale Autorität tritt hinter den sachlichen und technischen Anspruch der Dinge. So beschrieb und deutete es schon Celestin Freinet, der bekannte französische Reformpädagoge. 

GeLinolschnitt Igeldrucktes bewirkt eine Identifizierung mit dem eigenen Produkt

Die Ergebnisse der Arbeit bestärken und beflügeln ihre Produzenten. Gedruckte Texte, Bilder und Bücher begründen eine starke Identifizierung der Kinder und Jugendlichen mit ihrem Produkt. Mädchen wagen sich an Technik, weil sie Texte gedruckt sehen wollen. Jungen nehmen Schreibarbeit auf sich, weil die Werkstattarbeit sie anzieht.

Transfer erlernter Schlüsselqualifikationen auf andere Lern- und Arbeitsbereiche

Material und Arbeitsprozesse der Druckerei verlangen Sorgfalt und Ordnungssinn. Dies gilt ebenso für die geistigen wie die motorischen Bewegungen und deren Koordinierung. Planungsfähigkeit, Ausdauer, Aufmerksamkeit, Verantwortlichkeit und Regelbewusstsein formt die Druckerei aus. Jede Druckseite ist, wenn sie fehlerfrei und sauber vorliegt, eine konkrete Spur dieser Verhaltensmerkmale, die Schlüsselqualifikationen sind, da sie, auf andere Lern- und Arbeitsbereiche transferiert, ihnen allen zugutekommen. Nicht zufällig legen die an Berufsausbildung im Handwerk und Industrie Beteiligten wieder mehr Gewicht auf die Entfaltung derselben.

Die Rechtschreibung wird gefördert – der einzelne Buchstabe ist wieder wer

Viele Defizite im Rechtschreiben gehen wohl auf Wahrnehmungsprobleme und zu hohes Tempo zurück. Setzen verlangsamt das Tempo und qualifiziert die Wahrnehmung. Der einzelne Buchstabe ist plötzlich wieder wer.

Setzen fördert Aufmerksamkeit und Selbstkontrolle

Wer selbst schon einmal gesetzt hat, spürt den hohen Anspruch der Tätigkeit an die Koordination von Auge und Hand. Die Wahrnehmung des spiegelverkehrten Letternbildes gelingt nur in konzentrierter Anspannung, der seitenverkehrte Aufbau der Zeile fördert Geduld, Genauigkeit und den Willen zum fehlerlosen Ergebnis. Aufmerksamkeit und Selbstkontrolle erfassen den Schüler, der es lernt, langwierige Reparaturen von Fehlern durch Sorgfalt zu vermeiden.

Das persönliche Schreiben profitiert

Diese Schulung von Wahrnehmung, Konzentration und Arbeitssorgfalt durch das Setzen kann dem persönlichen Schreiben mit der Hand nur aufhelfen.

Druckarbeit bedeutet Handarbeit, Kopfarbeit und Zusammenarbeit

Die Produktion geschieht in der Gruppe. Ideal ist die Gruppe von drei Schülern, die beim Setzen die Funktion des Setzenden-Buchstabierenden, des Kontrollierenden und des Satzbauenden aufteilt und in diesen Funktionen rotiert.

Beim Drucken teilen sich die drei in die Arbeiten des Einfärbens, des Blattauflegens und Druckens sowie der Kontrolle und des Ablegens. Hinzu kommen die Aufgaben der Arbeitsvorbereitung, des Reinigens und des Zurücklegens der Lettern.

Text leicht abgeändert nach:
Unterricht mit Hauptschulklassen, Willi Mollenhauer, HIBS,
Hessisches Institut für Lehrerfortbildung, Wiesbaden 1990, S. 34 -40